„Wir wollten einen Beitrag für eine sachlich fundierte Darstellung von Innovationen, Forschungsaktivitäten und relevanten Entwicklungen in der Versorgung von KrebspatientInnen in Österreich leisten“, beschreibt Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hilbe, Präsident der OeGHO, das Ziel. „Denn um Innovationen zu bewerten und die versorgungsrelevanten Strukturen im Interesse der Patient:innen weiterzuentwickeln, braucht es eine objektive Grundlage“, schließt Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, an. Um diese fundierte und referenzierbare Basis zu schaffen, wurden die Statistik Austria sowie die Gesundheit Österreich (GÖG) als strategische Partner gewonnen. Zusätzlich haben sich zehn onkologische Fachgesellschaften eingebracht (Auflistung hinten). „Wir sind stolz, die Landschaft erstmals in dieser Tiefe und trotzdem kompakt darzustellen. Wichtig war uns außerdem, finanziell unabhängig zu arbeiten“, betont Hilbe, „deshalb ist der Krebsreport komplett werbefrei und wurde ausschließlich von OeGHO und Krebshilfe finanziert.“ Künftig soll der Österreichische Krebsreport jährlich – jeweils zum Weltkrebstag am 4. Februar – erscheinen und so eine kontinuierliche Faktenquelle bieten.
Umfassendes Themenfeld plus Leitthema Corona-Pandemie
Inhaltlich spannt der Krebsreport einen großen Bogen von der Epidemiologie von Krebserkrankungen in Österreich über Vorsorge und Früherkennung bis hin zur Versorgung und schließt auch die – für die Zukunft so relevante – Krebsforschung mit ein. Zudem wird jedes Jahr ein Leitthema vertiefend behandelt. Für das Berichtsjahr 2020/2021 handelt es sich dabei aus naheliegenden Gründen um die Corona-Pandemie und ihre Konsequenzen für die onkologische Versorgung. Dieses zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Bericht.
Nachhaltig gute Versorgung von Krebspatient:innen als Vision
„Die Betreuung von Krebspatient:innen ist eine komplexe Teamleistung“, so Hilbe, „nur durch eine enge Zusammenarbeit von Expert:innen unterschiedlichster Disziplinen kann eine umfassende Betreuung der Patient:innen gelingen. Dafür sind jedoch ausreichende Ressourcen und gute Strukturen notwendig.“ Mit dem Krebsreport sei nun eine Diskussionsgrundlage geschaffen worden, betont der OeGHO-Präsident. Jetzt läge es an allen Stakeholdern im Gesundheitswesen, Lösungen zu finden. „Unsere Vision ist es jedenfalls, die Versorgung der Krebspatient:innen nachhaltig sicherzustellen.“
Epidemiologie – Grundlage für das erforderliche medizinische Leistungsangebot
Ein Herzstück des österreichischen Krebsreports ist das Kapitel „Epidemiologie“, das wesentliche Kennzahlen wie Krebsinzidenz, Überlebenswahrscheinlichkeiten, Prävalenz und Erkrankungsrisiken darstellt. Diese Kennzahlen der Krebsstatistik werden aus den Daten des Österreichischen Nationalen Krebsregisters von Statistik Austria berechnet. Mag. Dr.scient.med. Monika Hackl, Leiterin des Österreichischen Nationalen Krebsregisters dazu: „Die epidemiologischen Daten dienen unter anderem als Berechnungsgrundlage für das erforderliche medizinische Leistungsangebot in den Spitälern bis hin zur Tumornachsorge, Rehabilitation und Berufswiedereingliederung.“
Drei markante Kennzahlen herausgegriffen:
- Inzidenz und Geschlechterverteilung: Jährlich erkranken in Österreich etwa 42.000 Menschen an Krebs, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Für beide Geschlechter stellen bös-artige Tumorerkrankungen nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursa-che dar. Brustkrebs bei Frauen und Prostatakrebs bei Männern zählen zu den häufigsten Krebsneuerkrankungen in Österreich.
- Verbesserte Überlebenswahrscheinlichkieiten: Das relative Dreijahresüberleben nahm in den vergangenen Jahrzehnten zu und liegt in der Diagnoseperiode 2013–2016 im Mittel bei rund 65 %.
- Erkrankungsrisiko nach Altersgruppen: Das Risiko an Krebs zu erkranken nimmt mit dem Alter deutlich zu. Fast 35 % der Menschen in Österreich erkranken im Laufe ihres Lebens an Krebs, das ist jeder Dritte.
Früherkennung – Alarmierende Trends
„Vorsorge und Früherkennung sind zentrale Themen, um Krebs in Österreich in die Schranken zu weisen und die Behandlung nachhaltig zu verbessern“, unterstreicht Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda. Deshalb werden Zahlen zur Früherkennung und Empfehlungen der Österreichischen Krebshilfe, der medizinischen Fachgesellschaften sowie des Nationalen Screening-Komitees auf Krebserkrankungen ebenfalls im Report abgebildet. Drei Fakten sind Sevelda dabei ein besonderes Anliegen: „Bedingt durch die Pandemie wurde die Mammographie im Jahr 2020 von 41.000 Frauen weniger in Anspruch genommen. Das entspricht einem Rückgang um fast 13 % und könnte in einer erhöhten Sterblichkeit durch Brustkrebs münden. Auch bei Vorsorgekoloskopien kam es leider zu einem Rückgang um fast 15 %, was eine erhöhte Sterblichkeit durch Darmkrebs befürchten lässt. Und Lungenkrebs – immerhin die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen und Männern – wird grundsätzlich zu mehr als 75 % in einem späten, nicht mehr kurablen Stadium diagnostiziert. Die Einführung eines Screenings für Hochrisikopatient:innen würde dies erheblich verbessern. Das alles sollte die Alarmglocken schrillen lassen und gezielte Maßnahmen nach sich ziehen.“
Versorgung – Bild der gesamten Behandlungskette
Das umfassende Kapitel Versorgung stellt Behandlungsstandards und relevante Therapiefortschritte dar. Es gibt weiters einen Überblick über die palliative sowie die psychoonkologische Versorgung. Es präsentiert das Flächenversorgungsmodell und die Qualitätssicherung in der Onkologie am Beispiel des Tumorzentrums Oberösterreich. Und es geht nicht zuletzt auf die nationalen Versorgungsstrukturen und Rahmenplanungen der Onkologie ein. Dr. Karin Eglau, MPH, Senior Health Expert, Planung und Systementwicklung, Gesundheit Österreich GmbH (GÖG): „Die onkologische Versorgung ist im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) – dem zentralen Planungsinstrument für die integrative Versorgungsplanung in Österreich – schon seit einigen Jahren festgelegt.“ Dennoch darf das Versorgungsmodell mit all seinen Stufen und der gesamten Behandlungskette nicht fehlen, um ein ganzheitliches Bild abzuliefern. „Für die Zukunft von größter Bedeutung sind die Forcierung von interdisziplinären Tumorboards, da sie für die Qualität der gesamten onkologischen Versorgung zentral sind, sowie eine strukturierte Dokumentation in den Krankenanstalten.“
Forschung – Heimische Expert:innen und internationale Unternehmen im Schulterschluss
Das Kapitel Forschung präsentiert beeindruckende Zahlen zu Publikationen, die Krebsforscher:innen aus Österreich veröffentlicht haben. „Immerhin 913 wissenschaftliche Arbeiten in onkologischen Fachjournalen und 622 Arbeiten in nicht spezifisch onkologisch gelisteten Fachjournalen wurden im Jahr 2020 veröffentlicht“, sagt Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, Wissenschaftlicher Leiter des Österreichischen Krebsreports. „Das zeigt eindrucksvoll, welche Rolle die heimischen Expert:innen in der internationalen Community spielen. Zusätzlich sind in Österreich aber auch fast 500 klinische Studien (Phase I bis NIS) im Laufen, und 249 davon entfallen 2019 auf die Onkologie und Hämatologie.“ Folge davon sind zahlreiche Innovationen, die die Behandlung von Krebspatient:innen zum Teil signifikant verbessern. „Als Beispiel seien etwa die so genannten tumoragnostischen Arzneimittel genannt“, so Gerger.
Beitrag für eine nachhaltig bessere onkologische Versorgung
In Summe bietet der Österreichische Krebsreport erstmals eine umfassende Gesamtschau über „Krebs in Österreich“, für die erstmals alle wesentlichen Institutionen & Expert:innen ihre Expertise eingebracht haben und für die Zahlen, Daten und Fakten in großer Tiefe zusammengeführt und zum Teil sogar erstmals erhoben wurden. „Wir sehen das als Beitrag für eine nachhaltig bessere onkologische Versorgung und einen nachhaltig besseren Zugang zu Innovationen der Zukunft“, betont Wolfgang Hilbe. Der Krebsreport wird dementsprechend an alle relevanten Stakeholder als gedrucktes Exemplar weitergegeben. Er ist aber auch auf www.krebsreport.at zugänglich und wird über Social Media wie Facebook, LinkedIn und Instagram geteilt.
Über den Österreichischen Krebsreport
Herausgeber: OeGHO und Österreichische Krebshilfe
Chefredaktion: Wolfgang Hilbe und Paul Sevelda
Wissenschaftliche Leitung: Armin Gerger
Scientific Board & Redaktionsteam: Karin Eglau, Monika Hackl, Wolfgang Hilbe, Gerhard Kahlham-mer, Doris Kiefhaber, Michael Micksche, Paul Sevelda, Walter Voitl-Bliem, Ansgar Weltermann, Ewald Wöll
Strategische Partner:innen: Gesundheit Österreich GmbH (Karin Eglau) & Statistik Austria (Monika Hackl)
Mitwirkende Fachgesellschaften: Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie Austria (AGO Austria) Österreichische Gesellschaft für Chirurgische Onkologie (ACO-ASSO) Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) Österreichische Gesellschaft für Klinische Pathologie und Molekularpathologie (ÖGPath/IAP Austria) Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Hämatologie und Onkologie (AGPHO) Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) Österreichischen Gesellschaft für Radioonkologie (OEGRO) Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie (ÖGU) Österreichische Palliativgesellschaft (OPG)
Rückfragen bitte an
OeGHO
Walter Voitl-Bliem
+43 664 4053646 walter.voitl-bliem@oegho.at
Österreichische Krebshilfe
Doris Kiefhaber
+43 1 796 64 50 kiefhaber@krebshilfe.net